WasserAUFBEREITUNG
IM FASS
Eine Innovation, die für Wasserentsalzung und Reuse (Wiederverwendung aufbereiteter Abwässer) ganz neue Perspektiven schafft: Veolia hat mit „Barrel“ – zu Deutsch: „Fass“ – das erste „Plug & Play“-System für die Wasseraufbereitung per Umkehrosmose entwickelt. Die komplette Anlage ist eine Art Zisterne mit geringem Flächenbedarf; sie kann bis zu 200 Membranelemente, jeweils mit eigenem Sensor, enthalten und sowohl drinnen als auch draußen installiert werden.
Angesichts des wachsenden Trinkwasserbedarfs entwickelt sich der Markt in Richtung immer größerer Aufbereitungsanlagen mit hohem Flächenbedarf – wobei jedoch nicht immer so viel Fläche zur Verfügung steht. „Deshalb haben wir Barrel erfunden: alle erforderlichen Membranen sind hier in einer einzige Röhre zusammengefasst, die man nach Bedarf in beliebiger Zahl kombinieren kann“, erklärt Vincent Beaujat, Vice President des „Technologie-Hubs“ bei Veolia Water Technologies.
Barrel wird als installationsfertiges Modul geliefert, das am Produktionsort direkt an die vorhandene Anlage angeschlossen werden kann. „Der bauliche Aufwand ist also gering“, stellt Vincent Baujat fest. „Seitdem wir dieses modulare Kompaktsystem 2019 in Dubai vorgestellt haben, stößt es trotz der pandemiebedingten Verzögerungen weltweit auf großes Interesse – sowohl für Entsalzungs- als auch für andere Niederdruckosmose-Anwendungen.“ In den Golfstaaten, die ihre Industrie entwickeln wollen, wie Oman, wird die Barrel-Fertigung zudem vor Ort erfolgen:
„Veolia erstellt und liefert die erforderlichen Röhren, die dann in ein lokal hergestelltes Metallgehäuse eingebaut werden.“
In Frankreich könnte das Barrel-System gut für die Entfernung von Mikroschadstoffen nach der konventionellen Trinkwasseraufbereitung eingesetzt werden. „Das wird demnächst zwingend vorgeschrieben sein“, sagt Vincent Beaujat. „Aber die Wasserwerke haben nicht unbedingt Platz für ein neues Gebäude.“
Der öffentliche Trinkwasserversorger Vendée Eau hat sich bereits im Vorgriff auf solche Vorschriften dafür entschieden, seine Pilotanlage in Sables-d’Olonne (siehe unten) mit der Barrel-Technik auszustatten. Diese beansprucht 25% weniger Fläche als vergleichbare Systeme und erscheint somit als ideale Lösung.
Das „Plug & Play“-System Barrel
Das Barrel-System braucht keine Gebäudehülle und kann je nach Aufbereitungsbedarf mit verschiedensten Spiralmembranen bestückt sein.
1. SALZWASSER/ABWASSER
Nach einer Vorbehandlung zur Entfernung von Algen und Makroschadstoffen wird das aufzubereitende Wasser in das Barrel-System eingeleitet und trifft dort auf mehrere Membranen.
2. SMART CONNECTORS & VERNETZUNG
Es handelt sich dabei um Sensoren, die die Leitfähigkeit des Wassers in den Permeat-Röhren prüfen. Wegen der unterschiedlichen Leitfähigkeit von Salzwasser und Permeat lässt sich damit im Falle eines Membranlecks der genaue Ursprung des Problems ermitteln.
Die von den Smart Connectors erhobenen Daten werden an die Cloud übermittelt und von Veolia-Ingenieuren analysiert; der Kunde erhält ein umfassendes und präzises Reporting (Lecks, Ausbeuteminderung…).
3. MEMBRANEN
Die Membranen trennen das reine Wasser (Permeat) vom Rest; sie lassen nur die H2O-Moleküle in die von ihnen umschlossenen feinen Röhren hindurch.
4. PERMEAT
Die internen Röhren laufen am Anlagenausgang zusammen und geben dort das Permeat (reines Wasser) ab. In Entsalzungswerken muss dieses Wasser vor der Einspeisung ins Trinkwassernetz remineralisiert und chloriert werden.
5. KONZENTRAT
Das nicht gereinigte Wasser, das die Membranen nicht passiert hat, verlässt die Anlage in konzentrierter Form. Im Falle der Entsalzung wird diese Salzlake in großer Entfernung ins Meer eingeleitet, um das lokale Ökosystem nicht zu stören.
6. DRUCK
Unter Druckeinwirkung wird das Wasser durch die winzigen Poren der Membranen gepresst. Je kleiner die Poren, umso höher muss der Druck sein. Für die Entsalzung kommen 80 Bar in Verbindung mit 10-10 m Porendurchmesser zum Einsatz.
DAS JOURDAIN-PROJEKT
Um dem speziell im Sommer besonders gravierenden Wassermangel in der Vendée (Westfrankreich) entgegenzuwirken, befasst sich der Wasserversorger Vendée Eau im Rahmen des Jourdain-Projekts experimentell mit dem Thema „Reuse“. Der Grundgedanke – in Europa bisher einzigartig – besteht darin, mit dem aufbereiteten Abwasser in wasserarmen Gebieten die Wasserläufe aufzufüllen, die in die Speicherseen fließen.
Die aktuell im Bau befindliche Demonstratoranlage soll in zwei Jahren den Testbetrieb und 2026 ihren Vollbetrieb aufnehmen. Das Aufbereitungswerk Jourdain wird in der Lage sein, sowohl Bakterien und Viren als auch schädliche Rückstände von Medikamenten und Chemikalien oder Chlorid aus dem Wasser zu entfernen. „Wir haben uns wegen ihrer Seriosität und Forschungskapazität an die Firma Veolia gewandt“, erzählt Jacky Dallet, der Verwaltungsratsvorsitzende von Vendée Eau. „Das Barrel-System entspricht unseren Anforderungen: ausreichende Reinheitsstufe des Wassers, hohe Prozessleistung (160 m3/h) und geringer Energieverbrauch.“ Und das alles in Verbindung mit einem weiteren Vorteil, nämlich dem geringen Flächenbedarf. Die Technik der Jourdain-Anlage soll in Gebieten, wo Grundstücksflächen knapp sind, künftig in größerem Maßstab eingesetzt werden können.
In Israel und Spanien beispielsweise werden aufbereitete Abwässer heute bereits für die Lebensmittel- oder die Trinkwasserproduktion verwendet. „In Frankreich gibt es bisher keine Reuse-Regelung für die Befüllung von Trinkwasserspeichern. Das Jourdain-Projekt ist ein Demonstrator zur Technologieerprobung und mit Blick auf eine entsprechende Regelung, an der wir mitarbeiten wollen“, lautet das abschließende Fazit von Jacky Dallet.