Energieeffizienter Betrieb kommunaler Abwasseranlagen

Vom Abwasser zur Energiequelle

Rund 4.500 Kläranlagen sorgen in Deutschland dafür, dass Abwasser gereinigt in den Wasserkreislauf zurückgeführt werden kann. Für diese Arbeit benötigen die Anlagen eine Menge Energie. Wie es möglich ist, Kläranlagen vom „Großverbraucher“ in ein grünes Kraftwerk umzuwandeln, zeigt Veolia. Das Unternehmen betreibt deutschlandweit im Auftrag von Kommunen Kläranlagen, die nicht nur energieeffizient arbeiten, sondern ihre Energie komplett selbst erzeugen: klimaneutral und kostenbewusst.

Das Ziel: Klimaneutrale Abwasserreinigung

Im Zuge des Green Deals sollen  in der kommunalen Abwasserbehandlung die CO2-Emissionen gesenkt und der Gewässerschutz erhöht werden. Um die Abwasserbranche auf die Umsetzung dieser Ziele zu verpflichten, hat die EU im Jahr 2024 die Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) novelliert. In der novellierten Richtlinie ist unter anderem festgeschrieben, dass Kläranlagen bis 2045 energieautark und klimaneutral sein müssen. Dabei sind folgende Stufen vorgesehen: Bis Ende 2030 müssen 20 % des Energiebedarfs der Anlagen durch erneuerbare Energien abgedeckt werden, bis 2035 sollen es 40 % sein und 70 % bis Ende 2040. Verbindliche Energieaudits sollen dazu dienen, die Zielerreichung zu überprüfen.


Die novellierte EU-Kommunalabwasserrichtlinie (KARL) stellt die Branche vor große Herausforderungen und erfordert Milliardeninvestitionen. Die DWA setzt sich für eine pragmatische Umsetzung mit Planungs- und Rechtssicherheit ein. Weiterführende Informationen zu KARL finden Sie hier:


Der Weg: Energiereduktion, -effizienz und -gewinnung

Als Betreiber von kommunalen Kläranlagen arbeitet Veolia bereits seit vielen Jahren kontinuierlich daran, die Energie für den Anlagenbetrieb selbst zu erzeugen und den CO2-Ausstoß zu senken – und das mit großem Erfolg. Bereits heute betreibt Veolia deutschlandweit Kläranlagen unterschiedlicher Größen, die komplett energieautark sind. Einige der Anlagen produzieren sogar so viel Energie, dass sie als Kraftwerk für die Umgebung dienen können.

Dass die Anlagen sich vom „Energiefresser“ hin zum Kraftwerk entwickeln, macht Veolia durch das Zusammenspiel von reduziertem Energieverbrauch, maximaler Energieeffizienz und zusätzlicher Energiegewinnung möglich. Bei der energetischen Analyse des Kläranlagenbetriebes kommt die 3-Schritt-Methodologie zur Anwendung: Sie reicht von der Datenerfassung über Machbarkeitsstudien bis zur Plausibilitätsprüfung mit der eigens von Veolia für den Abwasserbereich entwickelten Software OCEAN.

 

3-Schritt-Methodologie zur Analyse des Kläranlagenbetriebs

Schritt 1:

•  Datenerfassung (Auslegungs- und Betriebswerte)
•  Vergleich mit DWA-Benchmark für die entsprechende Größenklasse
•  Vergleich mit Veolia-Benchmark für von Veolia betriebene Kläranlagen

Schritt 2:

•  Anlagenbesichtigung durch erfahrenes Betriebspersonal
•  Durchführung von Vor-Ort-Messungen (Optional)
•  Überprüfung der Machbarkeit von Optimierungsoptionen

Schritt 3:

•  Anwendung von Veolia entwickelter Software OCEAN zur Bewertung von Optimierungsoptionen
•  Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
•  Maßnahmenkatalog für Optimierungen inkl. Amortisationszeiten

 

Das Grundprinzip der Energiegewinnung ist dabei in allen Anlagen gleich: Bei der Faulung von Klärschlamm im Faulturm entsteht Biogas, unterstützt von der Co-Vergärung. Darüber hinaus wird auch immer geprüft, ob zusätzliche Energie über Wärmepumpen oder Turbinen zur Wasserkraftnutzung wirtschaftlich gewonnen werden kann.

„Wie man die Prozesse in den einzelnen Bereichen der Anlage aufsetzt, hat unmittelbaren Einfluss auf den Energieverbrauch und die Energiegewinnung. Deshalb nehmen wir sämtliche Abläufe immer wieder genau unter die Lupe, um beispielsweise durch verfahrenstechnische oder betriebliche Optimierungen sowie technologische Erneuerungen den Energieverbrauch auf der Anlage weiter zu senken. Die Energieausbeute steigern wir etwa durch verstärkte Co-Vergärung, optimierte Biogaserzeugung oder mehr energetische Verwertung in Blockheizkraftwerken“, erläutert Dr. Markus Biegel, Technischer Leiter Veolia Geschäftsbereich Wasser.

Unterstützendes Instrument: Energiemanagementsystem DIN ISO 50001

Wertvolle Unterstützung bietet dem Betreiber dabei das Energiemanagementsystem DIN ISO 50001. Mit dem zertifizierten System bietet Veolia den Kommunen einen klaren Mehrwert, denn das Unternehmen ist damit auf die künftigen Anforderungen der novellierten KARL bestens vorbereitet. Die EU-Richtlinie schreibt vor, dass bis 2030 alle Kommunen dazu verpflichtet sind, einen Energiecheck an ihren Abwasseranlagen durchzuführen. Mit Veolia als Partner ist das kein Problem. Auch die aktuellen Pflichten aus dem Energieeffizienzgesetz erfüllen die Kommunen, was den Kläranlagenbetrieb betrifft, mit Veolia bereits. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, die einen Jahresgesamtenergieverbrauch von mehr als 7,5 GWh haben, ein Energie- oder Umweltmanagementsystem einzuführen. 

Effizienzmeister in der Praxis: Kläranlage in Schönebeck (Elbe)

Der auf der Kläranlage in Schönbeck (Elbe) entstehende Klärschlamm dient als Rohstoff für die Energieerzeugung, die durch Co-Vergärung einen „Turbo“ erhält. Das Co-Substrat besteht aus Fetten und Lebensmittelresten, die aus der Gastronomie sowie produzierenden Betrieben in Schönebeck (Elbe) und Umgebung stammen, wo sie gemäß gesetzlicher Vorgaben über Abscheider gesammelt werden. Hauptpartner in der Entsorgung und Anlieferung der Fette und Reste sind Unternehmen aus der Region Schönebeck (Elbe). Die Lkw der Entsorger werden auf dem Anlagengelände ausgepumpt, das Fett gelagert und nach und nach der Faulung zugeführt. Die anschließende Stromerzeugung erfolgt in zwei Blockheizkraftwerken (BHKW), die Veolia 2024 erneuert hat. Durch die Modernisierung wurde die Kapazität der BHKW erweitert und die Stromproduktion erhöht. „Die im Faulturm erzeugte Gasmenge unterliegt Schwankungen. In Spitzenzeiten fehlte uns bisher die Kapazität in den BHKW, um das Gas in Strom umzuwandeln. Dieser Situation wirken wir mit den neuen und größeren BHKW entgegen, erhöhen dadurch auch die Stromerzeugung und senken Kosten und CO2-Emissionen“, erläutert Sebastian Lösch, Veolia Niederlassungsleiter und verantwortlich für den Betrieb der Kläranlage in Schönebeck (Elbe). Dadurch werden in allein 24 Stunden auf der Kläranlage rund 4.200 KWh Strom erzeugt - so viel, wie eine 3-köpfige Familie durchschnittlich in einem ganzen Jahr verbraucht.

Kläranlage Schönebeck (Elbe) mit 90 400 EW

Grünes Kraftwerk: Strom und Wärme für die Kläranlage und die Region aus der Kläranlage Schönebeck (Elbe)

Die Anlage Schönebeck (Elbe) wird seit dem Jahr 2000 von Veolia betrieben. Durch aufmerksame Beobachtung der Prozesse und kontinuierliche Optimierungen konnte die Anlage ihre Energieeffizienz erheblich steigern. Heute produziert sie Strom und Wärme für den Eigenbedarf und speist den Überschuss ins öffentliche Netz ein, wodurch sie die Region mit umweltfreundlicher Energie versorgt.

Erfolgreiches Maßnahmenbündel: Energieeinsparung in Rollsdorf

Wie sich durch Optimierungen Energie und CO2-Emissionen einsparen lassen, zeigt auch die Kläranlage Rollsdorf, sie verfügt über eine Kapazität von 65 000 Einwohnerwerten. Um den Energieverbrauch zu senken, hat die MIDEWA mit Veolia die Kläranlage 2022 umfassend modernisiert. Im Ergebnis werden rund 20 Prozent Energie eingespart, das entspricht circa 200 000 Kilowattstunden pro Jahr. 

Erreicht werden konnte die Reduktion durch verschiedene Maßnahmen: So wurden in allen drei Becken die Belüfterkerzen erneuert, um den Sauerstoffeintrag zu optimieren. Die bestehenden Gebläse haben die Partner durch effizientere Turbo-Gebläse ersetzt, die weniger Energie benötigen. Außerdem konnte die Laufzeit der Gebläse reduziert werden - und damit auch der Energiebedarf. Nicht zuletzt wird bei der Regeltechnik jetzt eine intelligente Steuerung eingesetzt, die an Sensoren gekoppelt ist. Die Belüftung kann auf diese Weise flexibler auf die dynamischen Prozesse im Belebungsbecken reagieren. Zusätzliche Leitungen und mechanische Schieber ermöglichen darüber hinaus eine variable Luftverteilung, da die einzelnen Gebläse unabhängig voneinander eingesetzt werden können. Gleichzeitig konnte die Biogasgewinnung durch eine veränderte Fahrweise der Kläranlage um 27 % erhöht werden.

Geballte Expertise: Von kleiner Gemeinde bis Großstadt

Schönebeck und Rollsdorf stehen exemplarisch für das Spektrum an Kläranlagen, das Veolia als Betreiber in Richtung Dekarbonisierung führt. Ob in kleinen oder auch größeren Städten, wie zum Beispiel Braunschweig, Görlitz oder Schönebeck (Elbe): Überall lässt sich an verschiedensten Stellschrauben im Kläranlagenbetrieb drehen, um Energieeffizienz, Energieautarkie und schließlich Klimaneutralität zu erreichen.

Kläranlage Rollsdorf (AZV Eisleben – Süßer See) mit 65 000 EW

Kleine Maßnahmen große Wirkung: Effizienzsteigerungen in der Kläranlage Rollsdorf

Kläranlagen der Größenklassen 1 bis 4 (unter 100.000 EW) machen etwa 96 % der Kläranlagen in Deutschland aus. Obwohl jede dieser Anlagen nur einen kleinen bis mittleren Anteil der Gesamtkapazität bereitstellt, tragen sie gemeinsam erheblich zur Abwasserbehandlung bei. Daher sind Effizienzmaßnahmen auch in diesen Anlagenkategorien äußerst sinnvoll.

Zukunftsperspektive: Steuerung durch Künstliche Intelligenz

Um die Dekarbonisierung weiter voranzutreiben, misst Veolia auf der Kläranlage Schönebeck (Elbe) seit über einem Jahr zudem die Lachgas-Emissionen. Aus den Ergebnissen soll abgeleitet werden, wie die Abbauprozesse im Belebungsbecken gesteuert werden müssen, um die klimaschädlichen Lachgas-Emissionen zu reduzieren. Erste Schritte werden bereits erprobt, die Auswertung erfolgt im 2. Quartal 2025. Perspektivisch plant Veolia in Schönebeck (Elbe), selbstlernende Künstliche Intelligenz für die Anlagensteuerung zu nutzen, so dass sämtliche Verfahren zu jeder Zeit optimal auf die aktuellen Anforderungen zugeschnitten werden können. 

Kommunale Wärmeplanung: Nutzung des Abwassers

Auch die Abwärme des Abwassers soll über die Anlagengrenzen hinaus genutzt werden: Die Stadtwerke Schönebeck (Elbe) und Veolia planen derzeit, dass das 12 Grad warme Wasser aus dem Ablauf der Kläranlage künftig genutzt werden soll, um eine Wärmepumpe zu beheizen, die für die Wärmeversorgung in einem Wohngebiet in der Nähe der Kläranlage eingesetzt werden soll. Sämtliche dieser Maßnahmen zeigen: Veolia betreibt die Kläranlage mit einem 360°-Blick und treibt dabei die Dekarbonisierung konsequent voran.

Zahlen und Fakten

Dekarbonisierung in Zahlen

Vier beispielhafte, kommunale Kläranlagen von 125 in Deutschland, die Veolia betreibt.


Kläranlage Stadt Braunschweig

  • Größe: 275 000 EW (Größenklasse 5)
  • Gesamtenergieverbrauch: 12,8 GWh/a
  • Biogasgewinnung: +15% (im Vergleich zu 2018)
  • Rückgewinnung von Phosphor und Stickstoff

Bilanzielle Stromautarkie:

110 %

 


Kläranlage Stadt Görlitz

  • Größe: 140 000 EW (Größenklasse 5)
  • Gesamtenergieverbrauch: 2,2 GWh/a
  • Energieverbrauch: - 29 % 
  • Biogasgewinnung: +200 % 

Bilanzielle Stromautarkie:

135 %


Kläranlage Schönebeck (Elbe)

  • Größe: 90 400 EW (Größenklasse 4)
  • Stromerzeugung: 1,53 GWh/a
  • Energieeinspeisung ins öffentliche Netz pro Jahr: 275 MWh

Bilanzielle Stromautarkie:

108 %

 


Kläranlage Rollsdorf

  • Größe: 65 000 EW (Größenklasse 4)
  • Stromerzeugung: 0,73 GWh/a
  • Energieverbrauch: - 20 % (im Vergleich zu 2022)
  • Biogasgewinnung: +27 % (im Vergleich zu 2022)

Bilanzielle Stromautarkie:

77 %

 

Auf einen Blick

Maßnahmen für einen effizienteren Betrieb von Kläranlagen:

Energieverbrauch senken

Umsetzung von Maßnahmen mit Amortisationszeit innerhalb der nächsten 5 Jahre

  • Technologische Erneuerung
  • Verfahrenstechnische Optimierung
  • Betriebliche Optimierung
  • Energiemanagementsystem (Reporting)
  • Sensibilisierung des Personals

Energierückgewinnung verbessern

Nutzung von Energiepotentialen optimieren, Energieautarkie erreichen

  • Optimierung der Biogaserzeugung, 
  • Erhöhung der Co-Vergärung
  • Effiziente energetische Verwertung
  • Wärmepumpen im Trinkwasser- und Abwasserbereich
  • Wasserkraftanlagen im Trinkwasser- und Abwasserbereich
Kontakt

Ihr Ansprechpartner:

Dr. Markus Biegel
Technischer Leiter Veolia Geschäftsbereich Wasser

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