Matthias Harms, CEO Veolia Deutschland, spricht mit Sylke Freudenthal, CSO, und Vedad Delic, Leiter Business Development, über die Alternativlosigkeit des CO2UNTDOWNS von Veolia und die Herausforderungen bei unseren Kund*innen.
VEOLUTIONS: Herr Harms, Veolia hat mit GreenUp im Februar das neue Strategie-programm vorgestellt. Wie passt der CO₂UNTDOWN dort hinein?
Matthias Harms: Da kann man von einem perfekten Fit sprechen. Die Veolia Gruppe hat sich mit Blick auf die nächsten vier Jahre sehr ambitionierte Ziele gesetzt. Wir präsentieren uns als Vorreiter des ökologischen Wandels, und dies wird in diesem Plan eindrucksvoll vorgestellt.
Mit dem CO2UNTDOWN visualisieren wir diesen Anspruch in einem starken Bild. Wir zählen den Countdown nicht von 2050 herunter, sondern haben einen klaren CO2UNTDOWN erstellt, der das Net-Zero-Ziel bis 2050 konkret beschreibt. Unsere Kund*innen wollen wir in ihrem individuellen CO2UNTDOWN unterstützen. Die Unternehmen in Deutschland sind durch regulatorische Maßnahmen einerseits aufgefordert, ihren CO2UNTDOWN zu erstellen. Andererseits müssen dafür aber eben auch die richtigen Lösungen verfügbar sein, um dieses Ziel nachhaltig erreichen zu können. Und genau dafür haben wir die richtigen Lösungen parat.
VEOLUTIONS: Wie muss man sich das genau vorstellen? Worum geht es konkret?
Matthias Harms: Veolia hat sich drei großen Handlungsfeldern verschrieben:
1. Ressourcen regenerieren. Zum Beispiel mit Lösungen zu einem Net-Zero-Wasserverbrauch in der Industrie.
2. Umwelt entlasten. Lösungsangebote zum Umgang mit gefährlichen Abfällen.
3. Dekarbonisierung. Das ist der Net-Zero-Carbon-Pfad, den wir selbst erreichen und bei dem wir unsere Kund*innen unterstützen wollen.
VEOLUTIONS: Net Zero Carbon bei einem weltweit tätigen Konzern – das ist eine große Herausforderung. Wie steht es um diesen Plan, Frau Freudenthal?
Sylke Freudenthal: Dass das eine große Herausforderung ist, bestreitet niemand. Allerdings sind wir auch schon länger unterwegs. Wir haben die letzten beiden Jahre genutzt, um die ersten beiden Schritte unseres „Five-to-Net-Zero“-Plans umzusetzen.
VEOLUTIONS: Was muss man sich darunter vorstellen?
Sylke Freudenthal: Wir haben eine sehr genaue Erfassung unserer Emissionen vorgenommen. Diese haben wir dann zusammen mit unseren Fachleuten analysiert und bewertet. So können wir heute Reduzierungspotenziale benennen und Maßnahmen priorisieren.
Matthias Harms: Was mit Blick auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht immer einfach ist. Allerdings leitet uns hier die Gewissheit, dass Abwarten keine Option ist. Zusammen mit unseren Fachleuten hier in Deutschland und mit einem großen internationalen Netzwerk aus Expert*innen haben wir einen klaren Dekarbonisierungsfahrplan für Veolia entwickelt, den es nun umzusetzen gilt.
Matthias Harms Seit 2019 CEO Veolia Deutschland und Vorsitzender der Geschäftsführung.
THG-Fußabdruck von Veolia Deutschland
Scope 1: direkte Emissionen aus unseren Aktivitäten (z. B.: eigene Verbrennungsanlagen, CHP)
Scope 2: indirekte Emissionen aus der von uns bezogenen Energie (z. B.: Kohlenstoffgehalt des Stromnetzes)
„Die Lösungen, die unsere KUND*INNEN benötigen, liegen heute nicht mehr allein in einer einzigen Dienstleistung.“
Vedad Delic
VEOLUTIONS: Gibt es einen solchen Fahrplan auch bei Ihren Kund*innen?
Vedad Delic: Dekarbonisierung ist bei nahezu jedem unserer Kund*innen ein Thema. So wie wir selbst sind auch unsere Kund*innen mit den Herausforderungen der Dekarbonisierung konfrontiert. Die regulatorischen Vorgaben werden immer komplexer und die Verbraucher*innen legen immer größeren Wert auf nachhaltig produzierte Erzeugnisse.
VEOLUTIONS: Wo liegt also der potenzielle Vorteil für Unternehmen, gerade mit einem Partner wie Veolia zusammenzuarbeiten?
Vedad Delic: Der Vorteil liegt in unserer Diversität. Die Lösungen, die unsere Kund*innen benötigen, liegen heute nicht mehr allein in einer einzigen Dienstleistung. Es ist vielmehr das Zusammenspiel von unterschiedlichen Disziplinen.
VEOLUTIONS: Wenn man einen Vergleich zu den in Paris stattfindenden Olympischen Spielen ziehen will, kann man also von einem Mehrkampf sprechen?
Matthias Harms: Guter Vergleich. Wobei es sich sowohl um Staffelwettbewerb als auch um den modernen Fünfkampf oder die Königsdisziplin, den Zehnkampf, handeln kann, oder?
Vedad Delic: Ja, das trifft es ganz gut. Energieeffizienzpotenziale zu heben, sicherzustellen und diese auch zu halten, ist zum Beispiel in der Industrie ein großes Thema der Dekarbonisierung. Denn jede eingesparte Kilowattstunde bedeutet auch weniger CO₂-Emissionen. Hier können wir ideal unsere Expertise in den Bereichen Energiemanagement und Betriebsführung verbinden, um diesen Anforderungen zu begegnen.
VEOLUTIONS: Das wäre dann so eine Art Staffellauf?
Vedad Delic: Richtig. Und in allen diesen Projekten geht es um den CO₂UNTDOWN. Wie können wir den Kund*innen mit unseren Services und Dienstleistungen bei der Reduzierung und Vermeidung von CO₂-Emissionen unterstützen? Nehmen Sie als weiteres Beispiel ein so komplexes Gebilde wie einen Industriepark.
Dort geht es um Energieerzeugung und das Bereitstellen von Medien wie Dampf oder Kälte, es geht um Wasserversorgung und -aufbereitung oder es geht um das kluge Verwerten von Wertstoffen, bis hin zu multifunktionalen Projekten mit Bestandteilen aus unseren Energie-, Entsorgungs- und Wasserkompetenzen.
VEOLUTIONS: Und wie wichtig sind dabei die CO₂-Emissionen?
Matthias Harms: Die Einsparung von CO₂-Emissionen ist nicht mehr nur noch „Beifang“, sondern Treiber der Veränderung. Die Industrieunternehmen sind – wie wir bei Veolia auch – durch immer strenger formulierte Vorgaben und Regularien gezwungen, sich konkret mit der Reduzierung und Vermeidung von CO₂-Emissionen zu beschäftigen. Dort bringen wir mit unserer Expertise einen großen Mehrwert in die Beziehung zu unseren Kund*innen.
Vedad Delic Leiter Business Development Veolia Deutschland
„Wir weisen unseren nachhaltigen Unternehmensansatz durch eine Vielzahl von Maßnahmen nach.“
Sylke Freudenthal
VEOLUTIONS: Frau Freudenthal, bekommen Sie als CSO von Veolia Deutschland diese veränderte Beziehung zu Ihren Kund*innen auch direkt mit?
Sylke Freudenthal: O ja! Das Thema Dekarbonisierung steht auch bei uns im Vordergrund. Wurden wir vor wenigen Jahren noch nach unseren CSR-Leistungen mit Blick auf Veolia angefragt, so beraten wir heute unsere Vertriebskolleg*innen konkret bei der Sichtbarmachung unserer Dekarbonisierungsleistungen bei unseren Kund*innen.
VEOLUTIONS: Wie sieht so etwas konkret aus?
Sylke Freudenthal: Wir weisen unseren nachhaltigen Unternehmensansatz durch eine Vielzahl von Maßnahmen nach – sei es durch unseren CSR-Bericht, den wir seit vielen Jahren entsprechend den Vorgaben des DNK (Deutscher Nachhaltigkeitskodex) erstellen, oder durch unser neuestes Produkt, den ECO₂CHECK für unsere Kund*innen, den wir nach der Logik des GHG-Protokolls spezifisch für Entsorgungsdienstleistungen erstellen.
VEOLUTIONS: Was ist bitte das GHG-Protokoll?
Sylke Freudenthal: Das GHG-Protokoll ist eine private transnationale Standardreihe zur Bilanzierung von Treibhausgasemissionen und zum dazugehörigen Berichtswesen für Unternehmen und zunehmend für den öffentlichen Bereich.
VEOLUTIONS: Und was bedeutet der ECO₂CHECK für Ihre Kund*innen?
Sylke Freudenthal: Wir erstellen für die Kund*innen die Klimabilanz der von uns für sie erbrachten Entsorgungsdienstleistungen. Wir können sie umfassend für einen ausgewählten Zeitraum, alle Standorte, Entsorgungsschritte und Wertstofffraktionen darstellen oder auch spezifisch für jedes der genannten Elemente.
VEOLUTIONS: Ist das eine losgelöste Dienstleistung?
Matthias Harms: Nein. Sie ist Bestandteil unserer Kernkompetenz Entsorgung. Den Kund*innen bieten wir über ihren Klimafußabdruck in der Entsorgungsdienstleistung mit Veolia Transparenz an. Dies ist die Grundlage für weiterführende und umfassende Maßnahmen zur Verringerung von CO₂-Emissionen. So ein Bericht enthält eine Vielzahl von konkreten Daten – die übrigens mit einer vom IFEUⁱ gutachterlich geprüften Methodik erhoben werden – mit denen wir dann weiterarbeiten können.
VEOLUTIONS: Es ist also für Veolia keine Option abzuwarten?
Matthias Harms: Nein, ganz bestimmt nicht. Wir versuchen, unseren Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise ständig zu verbessern. Wir sind innovativ und arbeiten kontinuierlich daran, die Treibhausgasemissionen in der gesamten Wertschöpfungskette all unserer Aktivitäten zu reduzieren oder sogar zu vermeiden. Die Wiederverwendung von Materialien verursacht weniger CO₂-Emissionen als die Gewinnung, die Herstellung und der Transport neuer Ressourcen. Zu unseren Prioritäten gehört die allgemeine Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft, ein neues Modell für einen sparsameren und effektiveren Umgang mit Ressourcen. Wir setzen uns dafür ein, dass das, was an einem Ort weggeworfen wird, an einem anderen Ort als Ressource genutzt werden kann.
Sylke Freudenthal: Und das Bild des CO₂UNTDOWNS hilft uns, diese Idee zu transportieren. Es gibt für uns und unsere Kund*innen vielleicht unterschiedliche Schritte zu Net Zero. Aber eins gilt grundsätzlich: Wir müssen anfangen – nicht später, sondern jetzt.
1 IFEU – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH
Sylke Freudenthal Chief Sustainability Officer Veolia Deutschland