Abwärme besser nutzen – das ist nach der Vermeidung von Abwärme ein wesentliches Ziel des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG). Unternehmen mit einem Energieverbrauch von mehr als 2,5 GWh pro Jahr sind deshalb dazu verpflichtet, ihre Abwärmepotenziale auf einer Plattform für Abwärme zu melden. Bei deren Identifikation bietet das Veolia Tochterunternehmen ÖKOTEC der Industrie umfassende Unterstützung an. Wie diese konkret dabei helfen kann, die Energieeffizienz zu steigern, zeigen wir am Beispiel der Papierindustrie.
Rund 20 Prozent der CO₂-Emissionen in Deutschland entstehen in industriellen Prozessen1. Im Kampf gegen den Klimawandel ist die Dekarbonisierung der Industrie deshalb eine zentrale Aufgabe, wofür das Energieeffizienzgesetz einen sektorübergreifenden Rahmen bildet. Es zielt darauf ab, den Energieverbrauch in der Industrie zu senken, die Nutzung von Energie effizienter zu gestalten und den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu beschleunigen.
Insbesondere in Bezug auf die Prozesswärme und den Umgang mit Abwärme stellt das EnEfG spezifische Anforderungen an Unternehmen, um Energieverschwendung zu reduzieren und vorhandene Ressourcen effizienter zu nutzen. Denn die Wärme, die industrielle Verfahren benötigen, beträgt 16,2 Prozent des gesamten Primärenergieverbrauchs, insgesamt verursacht Wärme 46,6 Prozent des deutschen Primärenergieverbrauchs2. Ein effizienterer Umgang mit Wärme ist also auf dem Weg zur Klimaneutralität elementar, dabei spielt Abwärme eine wichtige Rolle.
Vermeiden, vermindern, verwenden
Das im November 2023 in Kraft getretene Energieeffizienzgesetz verpflichtet Unternehmen im möglichen und zumutbaren Rahmen, Abwärme zu vermeiden und technisch unvermeidbare Abwärme zu nutzen oder externen Dritten zur Verfügung zu stellen.
Darüber hinaus sind Unternehmen mit einem durchschnittlichen Gesamtenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh pro Jahr verpflichtet, Angaben zu Abwärmequellen und -mengen bereitzustellen und diese jährlich an die Bundesstelle für Energieeffizienz zu melden, die hierfür eine eigene Abwärmeplattform eingerichtet hat. Diese Plattform soll als Schnittstelle zwischen Unternehmen sowie zur kommunalen Wärmeplanung dienen, um Möglichkeiten zur Abwärmenutzung zu identifizieren und Kooperationen zu erleichtern. Die Idee dahinter: Nicht genutzte Abwärme von einem Unternehmen kann einem anderen Betrieb oder der Kommune zugutekommen, wodurch beide Parteien von geringeren Energiekosten und einer verbesserten Klimabilanz profitieren.
Vom Restprodukt zur Ressource
Wie sieht die geforderte Abwärmemeldung aus? Wie kann sie erstellt werden und was gilt es zu beachten? Antworten auf diese Fragen bietet das Veolia Tochterunternehmen ÖKOTEC. Als langjähriger Experte für Energiemanagementsysteme, Effizienzanalysen sowie Transformations-und Klimaschutzkonzepte unterstützt ÖKOTEC Unternehmen bei sämtlichen Schritten auf dem Weg zu einem Wärmekataster und bei der Bereitstellung der Meldedaten.
Dabei bringt ÖKOTEC sein branchenspezifisches Know-how in die Prozessanalyse der Industrie ein. Auch bei der Prüfung der technischen, betrieblichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Umsetzung der definierten Maßnahmen und bei der Ermittlung und Dokumentation der jährlichen Informationen für die Abwärmeplattform des Bundes begleitet ÖKOTEC Unternehmen mit umfassender Expertise.
ÖKOTEC Beratungsleistungen im Überblick:
- Vor-Ort-Audits der vorhandenen Prozess- und Energiedaten
- Aufnahme, systematische Erfassung und Dokumentation relevanter Energieströme
- Räumliche Verortung der Wärmequellen und Erstellung eines Wärme-/Abwärmekatasters
- Berechnung der Abwärmemengen und Erstellung von Lastgängen zur Ermittlung der Potenziale der Abwärmequellen
- Ermittlung und Dokumentation der jährlichen Informationen für die Abwärmeplattform des Bundes
Um das Wärmekataster auf Basis der Messdaten des Unternehmens stets aktuell zu halten, nutzt ÖKOTEC das eigens entwickelte Energieeffizienz-Controlling-Tool EnEffCo®. Darin erstellte Reports und Datenexporte ermöglichen eine teilweise Automatisierung der Datenbereitstellung und unterstützen so die Erfüllung gesetzlicher Berichtspflichten.
Von der Pflicht zur Kür
Die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Abwärme bietet Unternehmen in der energieintensiven Papierindustrie vielfältige Chancen: Ungenutzte Abwärmequellen können erkannt und genutzt werden, um Energieträger einzusparen, fossile Energieträger zu ersetzen und CO₂-Emissionen zu verringern. Damit kann die gezielte Nutzung der Ressource Abwärme die Betriebskosten senken und den Weg zur Klimaneutralität erleichtern.
1 Fachportal Industrie-Energieforschung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.
2 BMWK: Energieeffizienz in Zahlen – Entwicklungen und Trends in Deutschland 2022.
Wärmekaskade im Produktionsprozess:
75 - 450 °C
Stromerzeugung durch ORC-Prozesse
125 - 400 °C
Vorerwärmung von Verbrennungsluft
125 - 275 °C
Trocknungsprozesse, Produktionsprozesse
80 - 160 °C
Kälteerzeugung
75 - 125 °C
Heizung, Warmwasser, Trocknung
30 - 75 °C
Wasservorerwärmung, Raumheizung mittels Wärmepumpe
Die Dekarbonisierung von Prozessanlagen gelingt, wenn Abwärme wiederverwendet und die restliche, unvermeidbare Wärmezufuhr bei hoher Temperatur elektrifiziert wird.
Interview
Sylvia Jacobi ist Leading Consultant bei ÖKOTEC. Als Expertin in der Energieberatung und mit Erfahrungen im Energiemanagement berät und unterstützt sie Kunden bei der Gestaltung nachhaltiger Energiesysteme. Wie Abwärme vom Abfallprodukt zur wertvollen Ressource werden kann, erläutert sie in diesem Interview, unter anderem am Beispiel der Papierindustrie.
VEOLUTIONS: Frau Jacobi, welche Potenziale liegen für Unternehmen in der Abwärmenutzung?
Sylvia Jacobi: Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden. Unternehmen müssen sich daher die Frage stellen, wie sie ihren Energiebedarf in Zukunft decken wollen. Die Nutzung von Abwärme bietet ökologische und wirtschaftliche Vorteile. Vielerorts gibt es noch ungenutzte Potenziale, was die Abwärmevermeidung und -verwendung angeht.
Mit unserer ganzheitlichen Beratung unterstützen wir Unternehmen dabei, ihre Abwärmequellen systematisch zu analysieren sowie Nutzungspotenziale zu erkennen und zu heben, damit sie auf ihrem Transformationspfad Energie, Kosten und CO₂ einsparen.
VEOLUTIONS: Wie geht ÖKOTEC bei der Identifizierung und Bewertung von Abwärmequellen vor?
Sylvia Jacobi: Im ersten Schritt schauen wir uns die Prozessketten und Versorgungsstrukturen an: Wo wird geheizt, wo gekühlt? Bei welchen Verfahren fällt Abwärme mit welcher Temperatur und in welcher zeitlich zuordenbaren Menge an? Auf Wunsch unserer Kunden beziehen wir auch Wärmesenken in unsere Analyse ein, also die Orte, an denen Wärme abgeführt und übertragen werden kann. In einem zweiten Schritt ermitteln wir unter anderem über Lastganganalysen, wie die verfügbare Abwärme am besten genutzt werden kann.
VEOLUTIONS: Wo entsteht zum Beispiel bei der Papierherstellung Abwärme, die genutzt werden kann?
Sylvia Jacobi: In der Papierindustrie betrachten wir zum Beispiel den Trocknungsprozess, bei dem heiße Luft in die Trockenpartie geblasen wird, um das verdunstete Wasser abzuführen. Die dabei entstehende Abluft hat eine hohe Temperatur und Feuchtigkeit. Sie bietet daher ein großes Potenzial zur Abwärmenutzung, zum Beispiel zur Beheizung von Prozesswasser oder in den Heizregistern von raumlufttechnischen Anlagen. Oder wir prüfen, ob die Abwärme von Druckluftanlagen genutzt werden kann, um beispielsweise Warmwasser vorzuwärmen oder Räume zu beheizen.
„Abwärmenutzung bietet Unternehmen die Chance, ihre Energiekosten zu senken und die Klimabilanz zu verbessern.“
Sylvia Jakobi
VEOLUTIONS: Welche Kriterien unterstützen eine technische und wirtschaftliche Nutzung der Abwärme?
Sylvia Jacobi: Vorteilhaft sind geeignete Temperaturniveaus für eine direkte Wärmeübertragung, ein zeitgleicher kontinuierlicher Anfall der Abwärme bei übereinstimmendem Bedarf und eine kurze Entfernung zwischen Quelle und Senke. Die richtige Auslegung der Wärmeübertrager unter Berücksichtigung von Temperatur- und Volumenstromschwankungen hat ebenfalls einen großen Einfluss. Häufig kann die Abwärme in bestehende Heizsysteme eingespeist werden. Hier ist es wichtig, die Rücklauftemperaturen zu minimieren, um die Abwärmepotenziale voll nutzen zu können. Ein hydraulischer Abgleich der Systeme kann hier helfen. Grundsätzlich empfehlen wir, zunächst zu prüfen, ob eine prozessnahe Abwärmeintegration möglich ist, dann innerhalb der Werksgrenzen und schließlich außerhalb des Standorts. Eine Verstromung wird nur dann als sinnvoll erachtet, wenn eine direkte Nutzung nicht möglich ist.
VEOLUTIONS: Wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Abwärmenutzungsstrategie langfristig wirksam und nachhaltig ist?
Sylvia Jacobi: Voraussetzung für die langfristige Wirksamkeit von Abwärmestrategien ist eine ganzheitliche Analyse von Wärmequellen und -senken, um Potenziale zu identifizieren und zu nutzen, unterstützt durch eine leistungsfähige Software wie EnEffCo® von ÖKOTEC.
Um einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in Gang zu setzen, sollte das Vorgehen in der Nachhaltigkeits- und Unternehmensstrategie mit Zielen und KPIs verankert werden. Wichtig ist auch ein kontinuierliches Energiemonitoring, unter anderem um Veränderungen zu erkennen und Modifizierungen an Anlagen vornehmen zu können. Die Einbindung der Mitarbeiter unterstützt die Wirkung, beispielsweise durch ein System für Verbesserungsvorschläge und Schulungen. Nicht zuletzt ist der Austausch mit anderen Unternehmen in Netzwerken für Energieeffizienz und Klimaschutz hilfreich. Bei ÖKOTEC bieten wir unseren Kunden die Teilnahme an verschiedenen Netzwerken an und initiieren Dialogformate. Eingebettet in einen umfassenden Transformationsplan, wie ihn ÖKOTEC gemeinsam mit Unternehmen erarbeitet, ist die Abwärmestrategie ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Dekarbonisierung der Industrie.
VEOLUTIONS: Vielen Dank für diesen Einblick, Frau Jacobi!
Die Erfassung und Bewertung der Kombination von Wärmequellen und Wärmesenken am Standort ist komplex. ÖKOTEC unterstützt Sie mit unserer systematischen Vorgehensweise. Informieren Sie sich jetzt.
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